Geboren 1943 im französischen Tours zog Top-Fotokünstler Hans-Günther Kaufmann mit seiner Familie Mitte der 1970er-Jahre ins Oberland. Er ist geblieben und heute einer unserer Mitbürger mit VIP-Status.
Miesbacher aus Überzeugung
In seiner Biografie „Hans-Günther Kaufmann Augenzeuge“ hat er der Miesbacher Autorin Verena Wolf sein an Erfahrungen ungewöhnlich reiches Leben erzählt. Kennengelernt haben sich der Fotograf und seine Biografin bei einem Interview auf dem Grünen Markt am Donnerstag. Damals hat Hans-Günther Kaufmann so anschaulich von seinen Markt-Erlebnissen mit Paul Bocuse erzählt, dass Verena Wolf spontan vorschlug, gemeinsam eine Biografie zu erarbeiten.
Das Besondere daran: Das Buch ist als ein einziges großes Interview geschrieben, in dem Hans-Günther Kaufmann sein mehr als erstaunliches Leben schildert.
Weil auf diese Weise beide Gesprächspartner zu Wort kommen, ist nicht nur eine Künstler-Biografie entstanden, sondern auch ein lebendiges Diorama.
Noch nicht am Ziel
„Ich bin ein Werdender“, sagt Hans-Günther Kaufmann an einer Stelle im Buch und genau das macht sein Leben und sein künstlerisches Schaffen bis heute so interessant. Denn Hans-Günther Kaufmann feiert in diesem Monat zwar seinen 81. Geburtstag, steht aber mittendrin im Leben und erlebt gerade den Erfolg seiner Ausstellung „Wir sind Schöpfung“. Von der Frankfurter Messe, wo die Bilder jüngst eine überwältigende Resonanz erfuhren, ist das Projekt nun nach Kloster Gars am Inn gewandert. Und man darf hoffen, dass die Motive, die für interreligiöse Toleranz und von der Einzigartigkeit der Schöpfung erzählen, künftig eine Rolle im Schulunterricht spielen werden.
Dass sich Hans-Günther Kaufmann so überzeugend für seinen Glauben einsetzt, ist umso erstaunlicher, wenn man weiß, dass derselbe Mann mehr als einmal Aufnahmen für den Playboy, Stern und twen gemacht hat.
Damals war er freilich noch jung, aber die Wandlung, die er seither vollzogen hat, ist erstaunlich. Und sie ist eng mit seinem persönlichen Schicksal verbunden.
Der schwierige Start ins Leben
Schon seine Existenz ist ein kleines Wunder, denn seine Eltern lernten sich während des Zweiten Weltkriegs in Frankreich kennen. Der Vater, ein später hoch dekorierter Flieger, gehörte zur deutschen Besatzungsmacht. Die Mutter stammte aus einer großbürgerlichen französischen Familie und war zum Medizinstudium in Tours, als sie sich in den schneidigen deutschen Offizier verliebte.
Doch schon kurz nach der Geburt des Stammhalters wurde es brenzlig für die junge Familie. Baby Hans-Günther und seine mit dem zweiten Kind hochschwangere Mutter sowie die Oma wurden nach Österreich evakuiert, wo am 11. Januar die Schwester auf die Welt kam – Christine Kaufmann, die später der berühmteste deutsche Kinderstar wurde.
So hoch geflogen!
Als sie und die Mutter in den 1960er-Jahren für internationale Filme nach Rom gingen, hielt es auch Hans-Günther Kaufmann nicht mehr in Deutschland. Er brach die Schule kurz vor dem Abitur ab und stieg in den Zug nach Rom.
So erlebte er hautnah die Goldenen Jahre der Cinecittà, traf Liz Taylor, Burt Lancaster, Audrey Hepburn, Gregory Peck und machte seine ersten Aufnahmen von Christine.
Vor allem aber lernte er Christines ersten Mann kennen: Der Weltstar Tony Curtis nahm ihn mit in seine Heimatstadt New York, zeigte ihm Los Angeles und das, was in der Traumstadt Hollywood hinter den Kulissen geschah.
Kein Wunder, dass der junge Hans-Günther Kaufmann beschloss, selbst eine Rolle im Medien-Business zu spielen. Er wählte den Beruf des Fotografen, zog 1962 nach München und eröffnete sein erstes Studio, wo er innerhalb kürzester Zeit zu den Top-Fotografen der jungen Werbebranche zählte. „Ich habe damals einen Teil des Jahres auf den Kanarischen Inseln gelebt und gearbeitet – eine herrliche Zeit“, sagt er.
Wurzeln schlagen
Natürlich lesen sich seine aufregenden Erinnerungen an atemberaubend schöne Frauen, schnelle Autos und frühen Ruhm rasant, aber man darf auch hinter die blendende Fassade sehen. So lernt man einen jungen Mann kennen, der es mit seinem Ausnahmetalent, Fleiß und vielen guten Ideen nicht nur an die Spitze seiner Zunft geschafft hat, sondern der mit seinen Fotos auch ein Lebensgefühl geschaffen hat, das bis heute nachwirkt – denken Sie nur einmal an die Seife FA!
Doch seine Kindheitserlebnisse in der Flüchtlingsfamilie, die von Ort zu Ort zog, die Scheidung der Eltern, die Skandale um seine Schwester, deren Ehe 1968 geschieden wurde, ließen ihn privat immer wieder auf Distanz gehen, daran änderten auch Flirts mit Natalie Wood und vielen schönen Models nichts.
Erst die Geburt seines Sohnes wandelte alles. Hans-Günther Kaufmann zog mit der Familie ins Oberland und schlug Wurzeln. Die Begegnung mit dem großen Benediktiner Abt Odilo Lechner schließlich öffnete ihm die Augen für die Schönheit unserer Heimat und für den Wert des Glaubens.
Was das Buch so lohnend macht
Diesem Werdegang mit seinen Höhen und Tiefen, zu dem wilde Partys ebenso gehören wie schmerzhafte Einsamkeit, hat die Autorin behutsam, aber zielstrebig nachgespürt. Sie sagt über dieses Buch: „Was mich an diesem Projekt von Anfang an fasziniert hat, war die Chance, ein so vielschichtiges Leben zu ergründen. […]
Entstanden ist mit diesem Text, dem unsere Gesprächsprotokolle zugrunde liegen, nicht nur die Darstellung eines mittlerweile über 80 Jahre währenden Lebens: Hans-Günther Kaufmann hat diese Zeit so intensiv und bewusst gelebt, dass es ein Leichtes war, ein Diorama zu erschaffen, das vom Kriegende 1945 bis in die Jetztzeit reicht. Neben den gesellschaftlichen Entwicklungen ist es die bewegende Geschichte seiner deutsch-französischen Familie, die Raum für Reflexionen auch über das eigene Leben zulässt.“
Ein Leben im Weitwinkel
Ein ganzes Kapitel im Buch ist außerdem der intensiven Begegnungen mit vielen Stars und Größen gewidmet. Hans-Günther Kaufmann ist mit Karl Ludwig Schweisfurth und Franz-Josef Strauß auf dem Jakobsweg gegangen, er hat Nina Ruge und Kent Nagano vor seine Filmkamera geholt und war mit Paul Bocuse befreundet. Er hat mit Joseph Ratzinger und Michail Gorbatschow zu Abend gegessen – und er hat sein Leben lang wunderschöne Porträts von seiner Schwester gemacht. Auch einige dieser Aufnahmen sind im Buch zu sehen.
In 12 Kapiteln und mit 336 Seiten ist das Buch ein vielseitiger und spannender Schmöker. Für die jüngere Generation ist es ein wertvoller Schatz an Erlebnissen und Gedanken aus einer Zeit, die heute vergangen erscheint und die doch unsere Welt geformt hat.
Etwa 150 Fotos – teilweise aus dem Privatarchiv – erzählen in vier Bildstrecken den ungewöhnlichen Werdegang eines Künstlers, der im Leben viel erlebt hat und der immer wieder seinen Weg gesucht und gefunden hat. Damit ist das Buch auch eine wertvolle Hilfe, das eigene Leben aktiv zu gestalten und inneren Frieden zu finden.
Über die Autorin
Vielen MiesbacherInnen ist Verena Wolf, geboren 1956 in München-Schwabing, als Stadtschreiberin und Autorin des Buches „Tracht in Miesbach“ ein Begriff. Sie hat Deutsch, Geschichte und Wirtschaftsgeographie studiert, um dem Phänomen des Menschen in seiner Zeit näher zu kommen.
Von 1986-1997 hat sie als Lektorin und Programmchefin in großen deutschen Verlagen gearbeitet und sich anschließend mit einer Full-Service-Agentur für Verlage selbsttätig gemacht.
Mit ihrem Mann Hartmut Wolf hat sie 2021 das Miesbacher Verlagshaus gegründet. Sie ist Autorin aus Leidenschaft und arbeitet u.a. als Biografin für das Oral History-Projekt des Kulturamtes der Stadt Miesbach.
Waitzinger Keller am 4. Dezember
Am Mittwochabend, 4. Dezember 2024, sind Sie um 19:00 Uhr herzlich in den Waitzinger Keller eingeladen. In einer festlichen Stunde stellen Verena Wolf und Hans-Günther Kaufmann das Projekt „Wir sind Schöpfung“ in seiner ganzen Bedeutung vor und lesen aus der Biografie. Mit anschließender Signierstunde.
Der Eintritt ist frei, um Anmeldung wird gebeten unter info@miesbacher-verlagshaus.de oder unter ticket@waitzinger-keller.de.
Das Buch in Kürze
Verena Wolf: Hans-Günther Kaufmann AugenZeuge
Geleitwort Ministerpräsident a.D. Armin Laschet MdB
Umfang: 336 Seiten
Ausstattung: 4 Fotostrecken à 8 Seiten mit Fotos in Farbe und Schwarzweiß
Hardcover, 15 x 21 cm
Preis: 32,00 € [D/A/CH]
ISBN 978-3-9823730-3-4
Weitere Infos
Den Begleitfilm zum Projekt „Wir sind Schöpfung“ können Sie jederzeit auf der Website des Verlages ansehen.