Obwohl ihre majestätische Tonfülle bei vielen Gottesdiensten die Kirchenbesucher in Bann zieht, liegen Orgeln im Oberland in einer Art Dornröschenschlaf. Nun ist ein Mann angetreten, die „Königin der Instrumente“ einen Sommer lang angemessen zu ehren: Johannes Skudlik und das Kulturzentrum Waitzinger Keller in Miesbach laden ein zum 1. Internationalen Oberland Orgelfestival 2024.
Eine musikalische Initiative fürs Oberland
Wer nach einer Alternative zu den Sommerkonzerten im Schloss Tegernsee oder zu den Internationalen Musiktagen (Kreuth/Kaltenbrunn) suchte, hatte es bisher im Oberland schwer. Doch nun hat der Waitzinger Keller diese musikalische Lücke geschlossen - und dies wie immer auf hohem Niveau. „Schuld“ an den 15 Orgelkonzerten, die zwischen dem 13. April und dem 23. November stattfinden werden, ist eine besondere Begegnung. Der vielfach für sein Schaffen ausgezeichnete Johannes Skudlik, Organist und Dirigent von Rang, war 2023 nach Miesbach gekommen, um die Kunstaustellung, die zu Ehren seines Vaters, Heinrich „Henryk“ Skudlik, eröffnet wurde, am Klavier zu begleiten. „Die Zusammenarbeit mit ihm war so gut, dass wir uns gewünscht haben, mehr daraus zu entwickeln“, blickt Isabella Krobisch, Kulturamtschefin in Miesbach, auf den Beginn der gemeinsamen Geschichte zurück. Aus dem Wunsch ist in nur wenigen Monaten nun ein Programm entstanden, das es so im Oberland noch nie gegeben hat.
Orgelmusik durch die Zeiten und aus aller Welt
Denn Johannes Skudlik, musikalischer Leiter des 1. Internationalen Oberland Orgelfestivals, ist es gelungen, in kurzer Zeit einen Landkreis übergreifendes Konzertreigen zu erschaffen, der nicht nur die schönsten und wichtigsten Orgeln zum Klingen bringen wird. Auch der Mix aus der Musik alter Meister mit topmodernen Stücken, die teilweise sogar von den Komponisten selbst dargeboten werden, ist ein Novum im Oberland: So wird am Sonntag, 30. Juni, der Schlierseer Timm Tzschaschel neben Stücken von John Stanley (1712-1786) und Arvo Pärt (geboren 1935) auch eigene Werke spielen. Dass er dabei von Bärbel Pischetsrieder, Andrea Wehrmann, Uschi Bommer und Bettina Schoeller begleitet wird, gehört mit zum Konzept des kommenden „Orgelsommers.“
Der musikalische Leiter
Johannes Skudlik, der am 16. Februar 1957 in München geboren wurde, ist nicht nur Musiker mit Leib und Seele, sondern auch ein erfahrener Initiator von besonderen Konzerten. So verbindet er seit 2005 mit dem Euro-Via-Festival kunsthistorisch bedeutende Orte auf alten Pilgerwegen in ganz Europa. Diese Idee des „wandernden Festivals“ nimmt jetzt im Oberland neue Formen an, wo Johannes Skudlik fest verwurzelt ist, hatte er doch bereits mit 15 Jahren in St. Laurentius / Parsberg seine erste Organisten-Stelle inne. Noch während seines Studiums in München – Kirchenmusik und Konzert Orgel – folgte dann die Anstellung als Organist in Landsberg, wo er schließlich lebte und arbeitete und die Stadt am Lech zu einem Zentrum der Kirchenmusik mit weit über die Grenzen der Region reichender Ausstrahlung machte.
„Die Orgel ist mein Orchester!“
Obwohl Skudlik als Organist und Cembalist international gesucht ist und als Kammermusiker gerne mit Mitgliedern der Berliner Philharmoniker und des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks zusammenarbeitet, liebt er die Orgel: „Die Orgel ist mein Orchester! Kein anderer Musiker bewegt solche Klangmassen wie ein Organist. Aber eigentlich liebe ich die Vielseitigkeit! Jede Orgel ist anders!“, sagt Skudlik und weil Orgeln nicht nur die größten aller Musikinstrumente sind – sie lassen die tiefsten, wie die höchsten Töne, die lautesten und leisesten erklingen –, hat die UNESCO 2017 Orgelmusik und Orgelbau zum Immateriellen Kulturerbe erklärt.
Kein Wunder, dass große Komponisten wie Vivaldi, Bach, Mozart, Telemann, Liszt, Mendelssohn Bartholdy oder Reger eindrucksvolle Werke für die Orgel geschrieben haben. Aber auch zeitgenössische Musiker – etwa der Este Arvo Pärt und der Schlierseer Timm Tzschaschel – sind in dem Zyklus von Orgelkonzerten vertreten, mit denen Johannes Skudlik in diesem Sommer ein Zeichen setzen wird. Er selbst wird beim Eröffnungskonzert, das am Samstag, den 13. April, im Saal des Waitzinger Kellers stattfindet, Werke von Händel und Mozart spielen. Denn: Es ist ihm ein Anliegen, zu zeigen, dass die Orgel auch außerhalb des kirchlichen Kontextes fasziniert.
Unsere wertvollen Orgeln neu erleben
Dennoch: Zwischen Isarwinkel und Inn hat Skudlik 12 Orgeln ausgewählt, die Zeugnisse hervorragenden Orgelbaus vergangener Jahrhunderte oder der jüngeren Vergangenheit sind. Natürlich stand die Koulen-Orgel der St. Anton-Kirche in Hausham auf seiner Wunschliste. Das Instrument, 1911 erbaut, war erst 2013 umfassend restauriert worden, eine hochwertige Orgel mit hochromantischer Klangfarbe.
Auch die neue, in ca. 3.000 Arbeits- und Planungsstunden erbaute Orgel in St. Laurentius/Parsberg wird ebenso erklingen wie die Mathis-Orgel in St. Sixtus in Schliersee - ein sehr modernes Instrument. Und beim Auftakt-Konzert im Kulturzentrum Waitzinger Keller in Miesbach wird er eine kleine Truhenorgel der Werkstatt Frenger auf die Bühne bringen: Ein bisher einmaliges Ereignis, das es ermöglicht, am Samstag, 13. April um 20 Uhr Orgelkonzerte zum Gedenken an Georg Friederich Händel zu spielen, der am 14. April 1759 in London verstarb. Begleitet wird Skudlik dann von einem Streichquartett mit Mitgliedern des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks. Eines der bekanntesten Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, die „Eine kleine Nachtmusik“ KV 525, wird das Konzert abrunden.
Vorteil Heimat Oberland
Was das vielleicht Schönste am 1. Internationalen Oberland Orgelfestival ist: Fast alle Aufführungen des Konzert-Zyklus sind nur einen Katzensprung von daheim entfernt: Die Konzerte finden in Miesbach (5 Aufführungen), Schliersee (3 Aufführungen), Hausham, Wall und im großartigen Orgelmuseum in Valley statt. Wer Lust hat, musikalisch über den Tellerrand zu blicken, der darf sich auf die Konzerte in Lenggries, Bad Tölz, Kolbermoor oder Rosenheim freuen.
Da das Festival von April bis November die Orgeln zum Klingen bringen wird, sind die Wege gerade weit genug, um das landschaftlich so bezaubernde Oberland und seine angrenzenden Gemeinden rund ums Jahr in seiner ganzen Vielfalt zu erleben.
Damit nicht genug: Skudlik konnte für einige Konzerte Künstler gewinnen, die wir seit Jahren kennen und lieben. So wird die Kantorin der Apostelkirche in Miesbach, Andrea Wehrmann mehrmals zu hören sein. Bernadetta Sunavská Schlichting bringt im Juni die Koulen-Orgel der Haushamer Kirche zum Klingen.
Ein großes Erlebnis
International und weltoffen wird der außerordentliche Musikzyklus, für den Dr. Thomas Goppel, der ehemalige Bayerischer Kultusminister, als Schirmherr fungieren wird, durch die Werke spanischer, italienischer, estnischer Komponisten. Hochkarätige internationale Konzertorganisten und -organistinnen aus fünf europäischen Ländern kommen zu uns und geben dem Orgelsommer Flair, auf das man sich freuen darf, sind die Konzerte selbst oft auch wahre Zeitreisen in die Welten von Barock, Rokoko, Renaissance…
Und noch ein Bonbon haben sich die Organisatoren ausgedacht: Bei fast allen Konzerten, die in unseren so kunstvoll gestalteten Kirchen stattfinden, ist der Eintritt frei, man freut sich über Spenden.
Lassen Sie sich also mitreißen vom Schwung dieses Festivals und erleben sie das 1. Internationale Oberland Orgelfestival 2024 mit!
Karten für das Eröffnungs- und das Schlusskonzert:
08025 7000-0, ticket@waitzinger-keller.de
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