Im 15. und 16. Jahrhundert verteidigten sie die südlichen Grenzen des Voralpenlandes gegen feindliche Truppen. Heute bewahren sie das wehrhafte Brauchtum, die oberlandlerische Lebensart und den Schießsport im Alpenraum: die Gebirgsschützenkompanien. Eine weit auf der Zeitachse des Oberlandes zurückreichende Geschichte hat auch die Gebirgsschützenkompanie Miesbach-Parsberg-Wies, welche seit vergangenem Jahr von einem neuen Hauptmann angeführt wird.
Die Geschichte der Kompanien
Als Miesbach noch unter der Herrschaft der reichsfreien Grafschaft Hohenwaldeck stand, bildete Reichsgraf Georg von Maxlrain 1632 eine „Landwehr-Gebirgsschützenregiment“-Truppe, um die Grenzen seiner Grafschaft und des Kurfürstentums Bayern gegen feindliche Einmärsche und Übernahmen aus dem Süden zu verteidigen. Dafür wurden einfache Männer wie Bauern und Handwerker in Wehren zusammengeschlossen. „Sie waren keine offiziellen Linientruppen, wohl aber waren sie Bestandteil der Armee Bayerns und unterstanden somit dem Militärrecht“, erklärt Florian Höllerl. Er ist seit vergangenem Jahr der neue Hauptmann der Gebirgsschützenkompanie Miesbach-Parsberg-Wies, die heutzutage natürlich nicht mehr die gleiche Funktion wie vor vier Jahrhunderten erfüllt. Doch die Geschichte der Kompanien prägt diese bis heute und der Erhalt der Traditionen ist Florian Höllerl und seinen Kameraden ein großes Anliegen.
Es war dem späteren Miesbacher Bürgermeister Dr. Gerhard Maier zu verdanken, dass die Gebirgsschützenkompanie im Jahr 1979 wiedergegründet wurde. Denn mit der Eingliederung Bayerns in das 1871 neu entstandene Deutsche Kaiserreich, wurden auch viele bis dahin bestehende Kompanien aufgelöst.
180 aktive und passive Mitglieder hat die Gruppe heute, etwa 40 davon rücken regelmäßig zu besonderen Anlässen und kirchlichen Hochfesten aus. Florian Höllerl ist bereits seit seinem 14. Lebensjahr dabei. Bereits sein Vater war Mitglied und Pionier der Gebirgsschützen. „Ich bin damit aufgewachsen“, erzählt der 50-Jährige. Zunächst als Trommler, dann 29 Jahre lang als Fähnrich aktiv, bekleidete er von 2018 bis 2022 schon das Amt des Oberleutnants und damit 2. Vorstands, bevor er 2023 zum Hauptmann gewählt wurde. „Es gehört schon Enthusiasmus dazu“, erklärt er.
Wichtige Traditionen
Rund 20 Einsätze haben die Gebirgsschützen Miesbach-Parsberg-Wies im Jahr: Das höchste Fest ist der Patronatstag am ersten Sonntag im Mai. Hinzu kommen kirchliche Hochfeste wie Fronleichnam sowie der Volkstrauertag, Ehrerweisungen sowie Gedenkveranstaltungen. Auch Besuche bei den 47 weiteren Kompanien in Bayern finden statt, die im Bataillon Werdenfels sowie in die Gaue Loisach, Isar, Inn-Chiemgau und Mangfall-Leitzach aufgeteilt sind. Zu letzterem zählen neben der Kompanie Miesbach-Parsberg-Wies auch die Kompanien Bayrischzell, Elbach-Leitzachtal, Gmund, Gotzing, Schliersee-Agatharied, Tegernsee und Waakirchen. Aus einstigen Feinden wurden Freunde mit gleichen Zielen und Werten. Die bayerischen Kompanien pflegen deshalb Patenschaften mit den Gebirgsschützen aus Tirol, Süd- sowie Welschtirol. „Hier gibt es keine Grenzen für uns“, erzählt Florian Höllerl.
Als neuer Hauptmann ist es ihm wichtig die Traditionen wieder mehr zu reaktivieren und die Außenwirkung der Kompanie zu stärken. „Wir wollen unser gesamtes Brauchtum, unsere Sprache und angestammten Glauben sowie die Identität des Miesbacher Oberlandes pflegen und weitergeben. Die Leute sollen sich damit identifizieren können und als Teil der gelebten Heimat fühlen.“ Dazu gehört auch die eigene Montur, die von Kompanie zu Kompanie unterschiedlich ist. In Miesbach gehören der grüne Stopselhut mit weißer Gockelfeder, eine rote doppelreihige Weste sowie ein dunkelbrauner Gehrock, eine schwarze Bundlederhose, altweiße Kniestrümpfe und Haferlschuhe dazu. Besonders wichtig sind die in weiß-blau gehaltene Kokarde am Hut sowie die Binde am linken Rockärmel, welche die Kompanie zu Kriegszeiten als Teil der bayerischen Wehrordnung auszeichneten. Silberne und goldene Streifen am Revers des Schützenrocks kennzeichnen den Rang ihres Trägers und sind von der königlich-bayerischen Armee übernommen. Ledige Frauen gehören der Kompanie als Marketenderinnen an. Die Pioniere der Kompanie rücken mit Faschinenmesser und Axt aus, die Offiziere tragen einen historischen Säbel. Markantestes Zeichen der Gebirgsschützen sind die Gewehre der Salutschützen und symbolisieren damit einen weiteren großen Bereich der Kompanie.
6000 ehrenamtliche Stunden pro Jahr
Die 1990 gegründete Sportschützenabteilung zählt mittlerweile etwa 700 Sportschützen als Mitglieder, welche regelmäßig in der Schießanlage im nördlichen Gewerbegebiet ihren Sport ausüben. Rund 700 Schießveranstaltungen werden dort pro Jahr ausgerichtet. „Nur im Sportschützenbereich haben wir fast 6000 ehrenamtliche Stunden pro Jahr“, sagt Florian Höllerl. Schützenmeister der Anlage ist Hans Schäffler, der sich mit ehrenamtlichen Helfern um den Ablauf, den Erhalt und die Pflege der unterirdischen Anlage mit 12 Luftgewehr- und acht Großkaliberständen kümmert. Mitglieder der Kompanie, welche die „Karabiner K98“-Gewehre tragen und Salutschüsse abfeuern, sind verpflichtet an Waffenübungen teilzunehmen, regelmäßig an den Schießstand zu gehen und eine Waffenbesitzkarte zu tragen. Denn: „Die Gebirgsschützen haben das Privileg, mit einer scharfen Waffe ausrücken zu dürfen“, erklärt Florian Höllerl. Er möchte die sogenannten Anscheins-Karabiner einführen, welche zwar wie die Originale aussehen, jedoch noch nie als „scharfe Waffe“ funktioniert haben. „Das ist in Zeiten immer strenger werdender Waffengesetze sicherlich die bessere Lösung.“
Die Gebirgsschützenkompanie Miesbach-Parsberg-Wies anzuführen sei wie ein Unternehmen zu leiten, sagt der Hauptmann. „Neben der Schießanlage gehört uns auch die Wirtschaft und weitere Gebäude – da liegt viel Verantwortung auf einem“, sagt Florian Höllerl. Er möchte den traditionellen Bereich der Kompanie wieder mehr in die Außenwahrnehmung rücken und damit auch jüngere Mitglieder gewinnen. Das funktioniere jedoch nur mit ein paar Änderungen. „Man muss mit der Zeit gehen, sich auf verschiedene und neue Lebensentwürfe einstellen und damit arrangieren.“ Damit meine er vor allem die flexiblere Gestaltung von Ausrückzeiten der Aktiven, denn nicht jeder könne und wolle all seine Freizeit in derartige Aktivitäten stecken. Auch die teilweise Bereitstellung der Montur gehört dazu, sowie die Verteilung der vielen Aufgaben auf mehrere Schultern. Nur so könne der Erhalt der Gebirgsschützenkompanie Miesbach-Parsberg-Wies und damit auch die traditionsreiche Geschichte dieser gesichert und für die Nachwelt erhalten bleiben.
Kontakt
Gebirgsschützenkompanie
Miesbach-Parsberg-Wies
Am Windfeld 23
83714 Miesbach
Website: www.gsk-miesbach.de
E-Mail: info@gsk-miesbach.de