Mitten in Miesbach lebt ein Vollblutmusiker, dessen schöne Stimme nur noch von seiner Begeisterung für die Musik und seinem Organisationstalent übertroffen wird. Verena Wolf traf ihn zum Gespräch.
Hans Peljak ist wohl einer der kreativsten Chorleiter im Oberland und weit über die Region hinaus bekannt. Der viel beschäftigte Musiker, der seit Jahrzehnten das Chorleben nicht nur in Miesbach bestimmt, nimmt sich an diesem Novembernachmittag Zeit, von seinem Leben und seiner Arbeit zu berichten. Beides ist enorm vielfältig – dank der außergewöhnlichen Begabung, die ihm in die Wiege gelegt wurde. „Dabei bin ich nicht der einzige Künstler in der Familie – alle meine Geschwister sind musikalisch veranlagt und mein jüngerer Bruder arbeitet als Fotograf“, erzählt er gleich zu Beginn unseres Gesprächs und ist seinen Eltern noch heute dankbar, dass sie die ganze musikalische Kinderschar von Unterricht zu Unterricht gefahren hat. Kein Wunder, dass Hans Peljak schon früh erkannte, was ihn besonders glücklich macht: „Wenn ich aus dem Kindergarten kam, habe ich auf dem Rückweg gesungen. Da wussten immer alle Nachbarn, wer da heimkam.“
Früh übt sich…
„Wir waren eine Wanderklasse damals im Schuljahr 1971/1972 und zogen regelmäßig vom Feuerwehrhaus zur Klosterschule für den Handarbeits- und Religionsunterricht.“ Das Wandern ist heute nicht nur eine seiner liebsten Freizeitbeschäftigungen – es ist auch ein Prinzip, das sein Leben bis heute prägt, fährt er doch weite Strecken, um seine verschiedenen Chöre zu betreuen.
Geübt hat er seine Fähigkeit, sich in verschiedenen Umgebungen zurecht zu finden, ebenfalls schon früh. Sein Gesangstalent war so außerordentlich, dass er im Tölzer Knabenchor sang: „Ich kam gleich in den Hauptchor“, weiß er noch, wie wichtig das für ihn war und berichtet weiter: „Nachdem ich dort ausschied, habe ich in der 6. oder 7. Klasse meine ersten Solopartien gesungen. Ich hatte eine Solo-Rolle in der Kinderoper „Das versteinerte Glück“, dann sang ich das Sopran-Solo im Stabat Mater von Pergolesi in der Miesbacher Stadtpfarrkirche.“
Da spielte er schon Akkordeon und außerdem im Schulorchester Geige. Mit 11 Jahren dann bekam er zu Weihnachten als drittes Instrument, das lang ersehnte Klavier geschenkt: „Ich hatte in Erfahrung gebracht, dass ich Klavier können muss, wenn ich Gesang studieren will – und dass ich das will, das wusste ich eben schon damals.“
Die Faszination der klassischen Musik
Als ich ihn frage, welche Musik „seine“ ist, sagt er: „Ich habe mich zur klassischen Musik hingezogen gefühlt, aber eigentlich kam ich von der Operette zur Oper.“
Kein Wunder, dass das begabte Nachwuchstalent auffiel und im Landkreis mit den wichtigsten Lehrern und Musikschaffenden in Berührung kam: „Ich habe bei Sixtus Lampl gespielt, als er noch in Schliersee war, war in Hausham bei der Oberland Bühne, im Palestrina-Motettenchor in Tegernsee und in einigen anderen Kirchenchören und -orchestern als Geiger und als Sänger. So ergab sich auch der erste Kontakt zu Jonas Kaufmann beim gemeinsamen Chorsingen. Er kam für 'Dornröschen' extra aus München. Später habe ich ihn in Salzburg, München und Trier wiedergetroffen.“
Am Mozarteum
Auch ihn selbst hatte die Musik da schon „gepackt“ und gerne nahm er alle Möglichkeit wahr, die ihm der Landkreis bot: Er sang im Kirchenchor und spielte im Kirchenorchester Geige. In dieser Zeit erkannte er auch sein weiteres Talent: „Ich bin eigentlich immer Lehrer gewesen. Ich habe in der 11. Klasse unheimlich viel Mathematik-Nachhilfe gegeben – die halbe Klasse war bei mir – und die Freude am Unterrichten ist mir bis heute geblieben.“
Doch das Unterrichten wurde nicht sein Hauptberuf, obwohl Hans Peljak bis heute als Gesangslehrer und Stimmbildner arbeitet, denn nach der Bundeswehr gab es dann kein Halten mehr: Er nahm ein Zimmer in Salzburg und studierte am Mozarteum Gesang, Gesangspädagogik und Dirigieren.
Wenn Hans Peljak von Salzburg erzählt, klingt noch immer die ganze jugendliche Begeisterung in seiner Stimme mit und so erfahre ich, wie interessant das Studium am Mozarteum ist. Große Namen wie Nikolaus Harnoncourt fallen, dessen kreatives Herangehen an Musik den jungen Studenten aus Miesbach prägen sollten. Wir sprechen eine ganze Weile über Mozarts Schaffen und ich kann nur staunen über so viel Hintergrundwissen, Textsicherheit und Enthusiasmus, der berührt.
Viel aufgebaut
Nachdem Hans Peljak das Studium mit seiner Arbeit über „Das musikalische Drama im Bühnenwerk Mozarts“ abgeschlossen hatte und sein Diplom in Händen hielt, stürzte er sich in die Berufstätigkeit: „Ich habe während des Studiums immer Kontakt nach Hause gehalten“, sagt er und was er hier in Miesbach, Parsberg, Schliersee und darüber hinaus in den kommenden Jahren und Jahrzehnten aufgebaut hat, kann man am besten so zusammenfassen: Hans Peljak übernahm bestehende Ensembles wie den Alpenchor Schliersee, die Kirchenchöre in Gmund und Hartpenning… Aber er gründete auch seine eigenen Klangkörper, mit denen er seither im Oberland Chormusikgeschichte schrieb und schreibt: 1988 startet das Kammerorchester Miesbach mit 10 Leuten. Da es den Waitzinger Keller damals noch nicht gab, waren Aufführungsorte rar in der Stadt – deshalb standen die Musiker oft auf der Bühne im alten Pfarrsaal, wo sich Hans Peljak immer wohlgefühlt hat. Legendär sind die Konzerte in Schloss Wallenburg.
1991 – da ist er 25 Jahre alt – übernimmt er als Dirigent den Parsberger Kirchenchor und veranstaltet dort auch regelmäßig Konzerte.
„Ich habe immer mehrere Chöre gleichzeitig geleitet“, fügt er noch hinzu, und als ich nachfrage, sagt er: „Es waren bis zu sechs Chöre gleichzeitig.“
1993 gründet er dann den Chor „Dissonanzen“, mit dem er so etwas wie seine musikalische Heimat findet: Der Chor, der nicht nur ein klassisches und geistliches Repertoire beherrscht, sondern auch moderne Kirchenlieder und Gospels bis hin zu arrangierten Rock- und Popsongs darbietet, feierte kürzlich sein 30-jähriges Bestehen und es singen immer noch einige Gründungsmitglieder mit, was ihn sehr freut, denn sein Leben ist eng mit diesem Chor verbunden – und er hat viele, viele Erinnerungen an die gemeinsamen Auftritte: „Wir haben zum Beispiel 2020 in St. Josef in Holzkirchen ein Konzert gegeben – das war in der Coronazeit eine Woche vor dem 2. Lockdown. Danach gab es monatelang keine Möglichkeit mehr.“
Ein Jahrzehnt mit Mozart
Weil Hans Peljak natürlich in den vergangenen Jahrzehnten unglaublich viel erlebt hat, beschließen wir, hier und heute nur einen Aspekt aus so viel reichem Dasein herauszugreifen. Und kein Wunder – es wird Wolfgang Amadeus Mozart.
Hans Peljak erzählt: „Die 1990er Jahre standen tatsächlich vor allem unter dem Stern von Mozart: 1991 sang ich in Hallstatt den Papageno – dort sind mir dann die Kinder auf der Straße nachgelaufen und haben mir Papageno-Papageno hinterhergerufen.“ Ein nettes Lächeln huscht bei dieser Erinnerung über sein Gesicht.
1993 kam er mit der „Entführung aus dem Serial“ zurück nach Hallstatt – diesmal mit der eigenen Inszenierung des weltberühmten Singspiels. 1994 führte er in Parsberg, Miesbach und Schliersee mit großem Erfolg die Mozart-Kirchenoper „La Betulia Liberata“ auf, das er zu diesem Zweck komplett aus dem Italienischen übersetzt hatte. Ein Jahr später folgte als weitere musikalische Perle das selten aufgeführte Singspiel „Die Schuldigkeit des 1. Gebots“. Stolz ist er noch heute, dass es ihm dann noch gelang, die erste Oper, die Mozart im Alter von zwölf Jahren komponierte, szenisch auf die Bühne zu bringen: „Wir haben 'Bastien und Bastienne' in Holzkirchen, Tegernsee und Miesbach aufgeführt.“
Mit dem kompletten 3. Akt der Mozart-Oper „Idomeneo“ folgte dann ein neuer kreativer Höhepunkt: „Damals traten zum ersten Mal zwei Chöre gleichzeitig im Waitzinger Keller auf. Ich weiß noch, was für ein Stress die Proben für alle waren, aber dann hat es zur Premiere hervorragend geklappt.“
Der Mozart-Zyklus 2006
Der ganz große Wurf, der Hans Peljak auch weit über die Grenze des Landkreises hinaus berühmt machte, war denn der Mozart-Zyklus zu dessen 250. Geburtstag. „In diesem Jahr 2006 habe ich alles andere hinten angestellt“, erinnert sich Hans Peljak: „Ich hatte die Idee, sein komplettes geistliches Werk in 30 Veranstaltungen zu Gehör zu bringen.“ Ein Riesenunterfangen, wie ich erfahre: Nur Wien und Stuttgart hatten sich im Mozart-Jahr an eine Aufführung des geistlichen Gesamtwerks gewagt: „Und dabei sind sie nicht mal chronologisch vorgegangen“, sagt der bekennende Fan, der Mozarts Werk damals in den Landkreis geholt hat - und das auf höchstem Niveau - gelang dank der tollen Leistung aller Chöre wie auch des Mozart-Kammerchors, den Peljak 1999 gegründet hatte. Und man muss es auch einmal sagen: Alle Chöre sind reine Laienchöre!
An diesen fulminanten Erfolg konnte Hans Peljak dann 2009 im 200. Todesjahr des Komponisten mit dem Haydn-Zyklus anschließen.
Reiche 2000er Jahre
Von so viel Erfahrung profitierten in den kommenden Jahren die Musikbegeisterten im Landkreis. Um nur einige Stationen herauszugreifen, sei hier erinnert an die großen Festgottesdienste in St. Sixtus in Schliersee, die unter der Ägide von Pfarrer Giglberger Geschichte schrieben. „Giglberger konnte sich hinstellen und sagen: `Wenn das Gloria in Mozarts c-Moll-Messe 30 Minuten dauert, dann hören wir eben 30 Minuten lang zu.´“
Deshalb fanden in Schliersee auch die drei großen Messen des Haydn-Zyklus statt: Immerhin ist die Cäcilienmesse von Haydn über eine Stunde lang. Eine Riesenleistung der Chormitglieder und ein unvergessliches Erlebnis für die Gottesdienstbesucher, die diese herrliche Musik „ganz normal“ während der Messe erleben durften.
Eine enorme Leistung von Dirigent und Ensembles war auch die „Große Nachtmusik“, ein Wanderkonzert, das an drei Orten geplant war und bei dem im Wechsel drei Chöre auftraten: „Wir haben in der Stadtpfarrkirche angefangen, sind dann im Saal des Pfarrheims und im Dunkeln im Innenhof des alten Pfarrzentrums aufgetreten, um die sechs Notturni zu singen. Alles hat bestens geklappt. Sogar das Wetter hat mitgemacht“, freut sich Hans Peljak noch heute, der jedes der Konzerte nicht nur dirigiert hat: Zu einer Aufführung gehören schließlich nicht nur die Auswahl der Musik und die Proben, sondern das Buchen der Veranstaltungsorte, die ganze Organisation und nicht zuletzt Werbung. Das alles muss erdacht und realisiert werden.
Schwere Coronazeit
In der Coronazeit profitierte Hans Peljak davon, dass er immer breit aufgestellt ist: „Ich bin zu Beginn der Coronazeit für sieben verschiedene Arbeitgeber tätig gewesen und relativ gut durch die Zeit gekommen. Aber was ich an unterschiedlichen Erfahrungen mit der Umsetzung der diversen Regeln gemacht habe – das würde ein Buch füllen.“
Zu den besonders schlimmen Erfahrungen gehört der Verlust des großen Chors und Orchesters der Bürger-Sänger-Zunft in München: „Mit diesem Ensemble hatte ich einige sehr große Konzerte mit Oratorien von Händel, Haydn oder Puccinis Messa die Gloria im Carl-Orff-Saal und im Münchner Künstlerhaus aufgeführt.“
Heute, da wieder uneingeschränkt musiziert werden darf, konzentriert sich der vielseitige Dirigent und Sänger auf seine Arbeit mit verschiedenen Chören. So leitet er neben dem Chor Dissonanzen und dem Chor- und Orchesterverein Glonn, mit denen er auch schon auf Tournee durch ganz Bayern und in Italien reiste, jetzt „nur“ noch zwei Kirchenchöre – den Parsberger Kirchenchor und den Basilikachor Benediktbeuern, den er 2012 übernahm.
Fest verwurzelt in Miesbach
10 Jahre lang war die 'Kleine Nachtmusik' mit dem Chor Dissonanzen ein festes Angebot in Miesbach. „Wir haben es als Klassik Open Air im Innenhof des alten Pfarrzentrums vorgetragen. Unser letztes Konzert dort war dann das große Abrisskonzert, zu dem ich im Saal vier Chöre zusammengebracht habe.“
Zu den Highlights seines Schaffens in Miesbach gehört sicher die Einweihung des Waitzinger Kellers 1997. Mit der „Wallenburger Verlobung“ – geschrieben von Rudolf Pikola und in der Vertonung von Franz Biebl – sang Hans Peljak die Hauptpartie des Johann Baptist Zimmermann.
Wer die Fotos dieser Inszenierung ansieht, erkennt auch gleich, wie viel Freude es dem hochgewachsenen Sänger macht, in Verkleidung auf der Bühne zu glänzen.
Und am liebsten singt er selbst!
Als ich gegen Ende des Interviews noch einmal darauf zurückkomme, dass er schon als Kind so gerne gesungen hat, gesteht Hans Peljak: „Bis heute singe ich am liebsten selbst." Und dann erfahre ich, wie vielfältig dieser Musiker tatsächlich ist, denn er darf nun weiter ausholen und erklärt, welche Komponisten er als Sänger besonders schätzt. Natürlich sind da einmal Mozart, Schubert und Schumann, aber Hans Peljak, der auch Felix Mendelssohn Bartholdy, Johannes Brahms, Ludwig van Beethoven sowie die Balladen von Carl Loewe oder die Lieder von Hugo Wolff liebt, singt gerade am liebsten Richard Strauß. Als er mir erzählt, wie viele Liederabende er selbst gestaltet und gesungen hat, bin ich ein wenig sprachlos, denn man kann sich auch kaum vorstellen, wie viel Text es da zu lernen gibt: „Ein solcher Abend besteht immer aus mehr als zwanzig Liedern mit vielen Strophen, die ich auswendig singe. Alleine die Winterreise von Schubert ist ein Zyklus mit 24 Liedern.“ Daneben hat er viele Opern-Arien im Repertoire und singt auch Duette.
Ein Blick in die Zukunft?
Als ich Hans Peljak nach seinen Plänen für die Zukunft frage, macht er einen Rückgriff in die Vergangenheit: „Zu den denkwürdigsten Momenten meiner Anfangszeit gehört auch das legendäre Konzert Ende der 1980er Jahre, nachdem es zur Spaltung eines bekannten Miesbacher Chores kam. Ich habe dann später sieben Jahre lang das Orchester des Chor- und Orchestervereins geleitet. Und seit Sommer 2024 habe ich nun die Singvereinigung Miesbach übernommen. Gerade ist ein gemeinsames Konzert der beiden Chöre für 2025 angedacht.“
Ganz klar dagegen sieht das musikalische Multitalent den kommenden Winter: „Ich bin ja auch Ski- und Snowboardlehrer und freue mich auf die Saison. Es ist einfach wunderbar im Winter draußen zu sein – der Schnee, die Sonne…“
Und wer wissen will, wo man Hans Peljak wieder einmal erleben kann, der sieht am besten auf die Website seines Chors „Dissonanzen“.
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