Skyline Shanghai, © Regina Weber-Toepel
Chinesische Mauer, © Regina Weber-Toepel

17 Tage in China

„Die Reise nach China war für mich eine Reise ins sprichwörtliche Land des Lächelns“, fasst Regina Weber-Toepel das zusammen, was sie in den 17 Tagen ihres Aufenthaltes in China erlebt hat. 

 

Regina Weber-Toepel ist eine Instanz der Miesbacher Theaterszene: Doch die Kulturpreisträgerin von 2023 ist nicht nur Regisseurin und Leiterin der „Jungen Bühne Miesbach“. Sie arbeitet auch am BBZ in Miesbach an der Fachakademie für Sozialpädagogik als Theaterlehrerin.
Und dieses Engagement trug letztes Jahr überraschende Früchte, brachte es sie doch samt einer Gruppe von 9 Studierenden nach China – genauer in die Stadt Qingzhou, die mit knapp einer Millionen Einwohner in der Provinz Shandong liegt – und damit auf etwa halbem Weg zischen Peking im Norden und Shanghai im Süden.

 

Begegnungen ermöglichen

Vor fünf Jahren hat das Miesbacher BBZ im Rahmen des ERASMUS-Förderprogramms der EU und durch Vermittlung der Hanns-Seidel-Stiftung eine Partnerschaft mit einer Berufsschule in Qingzhou etabliert.
Für Regina Weber-Toepel begann der weite Weg nach China digital. Sie erinnert sich: „Um den Kontakt nach China zu beleben, wurde, auch mithilfe von NIHMA – global on stage, ein gemeinsames Online-Projekt gestartet: Meine Studierenden in Miesbach und die Gruppe in China haben sich schwarz angezogen und weiße Gesichtsmasken aufgesetzt. Dann wurden Standbilder zu Themen wie Familie, Alter, Freundschaft einstudiert und die Ergebnisse auf digitalem Weg gezeigt. Weil das so prima geklappt hat, kam Schulleiter Martin Greifenstein auf die Idee, einen Austausch zu starten.“ Und tatsächlich waren neun angehende ErzieherInnen bereit, den „interkulturellen Schlüssel Theater“ zu nutzen und die Reise in den Fernen Osten anzutreten.

 

Ein fernes Land verstehen lernen

„Schon das Warten aufs Visum und die ganze Vorbereitung war der Aufbruch in eine unbekannte Welt. Wir wurden ins chinesische Konfuzius-Institut in München-Pasing eingeladen und konnten dort Vorträge über China wahrnehmen. Schon bei dieser Gelegenheit war ich beeindruckt von der Freundlichkeit und der Hilfsbereitschaft, die uns die Chinesen entgegenbrachten. 5000 Jahre Kunst, Kultur und Geschichte – da kann man schon ehrfürchtig werden“, erklärt Regina Weber-Toepel.
Natürlich erhielten die Teilnehmer auch viele nützliche Tipps für den Umgang im Alltag – und eine Packliste. Immerhin ist China zehn Flugstunden entfernt und der Platz im Koffer begrenzt.
„Gottseidank waren wir gut vorbereitet“, ist sie noch heute froh: „In der ersten Woche war es noch sehr warm, aber in der zweiten Woche fiel das Thermometer deutlich und es wurde empfindlich kalt. Deshalb sieht man mich auch mit meinem warmen Daunenmantel auf der Chinesischen Mauer.“

 

Gut vorbereitet ins Abenteuer

Zusätzlich hatte Regina Weber-Toepel einen wohl durchdachten Plan fertig im Gepäck: „Wir waren ja nicht zum Vergnügen in China, sondern im Rahmen eines Projekts unterwegs.“ Die Aufgabe bestand darin, zusammen mit Studierenden der chinesischen Partnerschule ein Theaterstück zu realisieren. Wie das bei allen Sprachunterschieden klappen sollte, erzählt Regina Weber-Toepel so: „Also habe ich lange überlegt, welches Stück ich nehme. Ich habe mich für den „Mondwächter“ entschieden.“
Dieses bezaubernde Bilderbuch des Illustrators Zosienka entpuppte sich dann zwar inhaltlich als die perfekte Wahl. Doch dazu musste das Buch zum Theaterstück umgearbeitet und für die große Zahl an Teilnehmern passend umgeschrieben werden.
„Ich habe den Text dann vorab an Herrn Yuan gemailt, also an den Dolmetscher, der uns vor Ort begleitet hat. Dabei hatte ich auch schon erste Ideen für die Requisiten und die Ausstattung ins Manuskript geschrieben. Ich konnte ja nicht ahnen, was ich damit auslöse“, sagt sie und lächelt vielsagend.

 

China näherkommen

Doch zuerst einmal hieß es für Regina Weber-Toepel und Martin Greifenstein, China mit allen Schutzbefohlenen sicher zu erreichen. „Der Flug war unproblematisch“, erzählt die Kulturpreisträgerin der Stadt Miesbach. „Wir sind in Shanghai gelandet und waren in einer völlig fremden Welt.“
Anschließend ging es mit dem Zug und bis zu 310 km/h schnell nach Qingzhou. „Dort haben alle schon auf uns gewartet: Autos, die chinesischen Lehrer, der Schulleiter… 30 Minuten später saßen wir alle schon beim Abendessen.“
Als Nächstes stand eine dreitägige Besichtigungstour auf dem Programm, die der Miesbacher Delegation in China unvergessliche Eindrücke schenkte.
„Natürlich weiß ich, dass wir in einem kommunistischen Land zu Besuch waren und bin nicht unkritisch. Aber ich kann und will nur von meinen persönlichen Erlebnissen und Erfahrungen berichten, Und die sind allesamt einfach unvergesslich. Das Land ist herrlich vielfältig und die Menschen, die wir trafen, waren unglaublich herzlich, offen und freundlich. Eigentlich fanden sie uns so spannend, dass wir viel voneinander wissen wollten.“

 

Die Schule entdecken

Schon die Ankunft in der Schule war überwältigend. „An der Schule leben und lernen 5.000 Schülerinnen und Schüler. Es ist ein Internat, in dem der Unterricht um 7:30 Uhr beginnt und abends nicht vor 21:00 Uhr endet. Zu Beginn wurden wir schon sehr beäugt, aber schon nach ein bis zwei Tagen haben die ersten Schüler zurückgegrüßt, wenn wir gegrüßt haben.“ Da die Schule unter militärischer Leitung steht, trugen die chinesischen Schüler eine Uniform. „Da sind wir in unserer normalen Kleidung natürlich doppelt aufgefallen. Man hat uns freundlich als auch etwas besonders bestaunt“, erzählt Regina Weber-Toepel weiter. Schnell waren auch weitere Unterschiede ausgemacht, so geben die chinesischen Schüler ihr Handy am Montag beim Betreten der Schule ab und erhalten es erst am Freitag zurück.

 

Zu Tisch!

Natürlich frage ich, wie das chinesische Schulessen so ist. Und erhalte gleich Einblick in chinesischen Pragmatismus: „Die Mensa war in einer ehemaligen Tiefgarage untergebracht. Das klingt jetzt so… aber es war eben so – da ist Platz und das geht wunderbar. Das Essen selbst war sehr gut und schmackhaft“, lobt Regina Weber-Toepel die kulinarischen Genüsse Asiens.
„Dazu muss man nur wissen, dass es die Tradition gebietet, dass an jedem Tisch – und in China sind Tische rund – der Gastgeber gegenüber der Tür sitzt. Rechts vom Gastgeber nimmt der Ehrengast Platz. Ich saß links vom Gastgeber. Alle Speisen stehen auf einer drehbaren Platte in der Mitte des Tisches und der Gastgeber legt den rechts und links Sitzenden die besten Häppchen auf den Teller. Die Tafel ist erst dann aufgehoben, wenn der Gastgeber das Essen einstellt.“
Da die Miesbacher wie alle anderen auch den ganzen Tag in der Schule verbrachten, aßen sie dreimal im Tag in der Mensa „Das Frühstück war am ungewöhnlichsten, denn es gab schon in der Früh warme Speisen wie Suppen oder Teigröllchen. Mittags und abends wurde dann die ganze Bandbreite chinesischer Speisen serviert. Da in China das ganze Tier verarbeitetet wird, schwammen schon einmal die Hühnerfüße in der Suppe.“ Und weil es unhöflich ist, etwa zurückzuweisen, haben alle auch zumindest gekostet.

 

 „Auf Arbeit“ in China

„Für mich war das Einüben des Theaterstücks mit den fast 20 deutschen und chinesischen Teilnehmern die größte Herausforderung. Ich war doch etwas nervös, als ich zum ersten Mal in den Probenraum kam“, blickt die erfahrene Theaterfrau auf diesen sicher ungewöhnlichen Moment zurück. Doch was dann kam, hat sie völlig überrascht: „Und dann ich konnte nur noch staunen – all die Requisiten und Dinge, die ich ja eigentlich nur für mich ins Manuskript geschrieben hatte, standen schon da: Leitern, Taschenlampen…“ Und nicht nur das: Man war besorgt, ob auch alles richtig war und wenn etwas gebraucht wurde, wurde es sofort besorgt. Obwohl Frau Weber-Toepel damit gerechnet hatte, dass die Schule einen guten Eindruck machen wollte, sagt sie: „Ich war von so viel Hilfsbereitschaft einfach überwältigt.“

 

Ein deutsch-chinesisches Projekt

Die Proben liefen dann viel einfacher ab als gedacht, weil die Schauspieler – ob Miesbacher oder Chinesen – sich von Anfang an die größte Mühe gaben: „Alle wollten, dass es ein Erfolg wird und haben viele Ideen eingebracht. So konnten wir für die Musik zum Stück ein typisches Instrument der Region Shandong kennenlernen, das Cuoqin, eine Art gestrichene Rundzither.“
Kein Wunder, dass bei so viel Einsatz die Aufführung ein voller Erfolg wurde: „Ich habe den Text auf Deutsch gelesen, und Herr Yuan las ihn anschließend auf Chinesisch. Die Szenen wurden als Pantomime aufgeführt. 120 Zuschauer aus der Schule waren gekommen und es gab einen tollen Applaus“, freut sich die Vollblut-Theaterfrau über das gelungene Experiment.

 

Schritte in ein fremdes Land

Doch auch außerhalb der Schule war die Gruppe unterwegs. „Das ist das einzigartige an dieser Reise gewesen“, macht Regina Weber-Toepel bewusst: „Wir waren ja nicht wie typische Touristen in einer Gruppe mit einem offiziellen Reiseveranstalter unterwegs. Wir waren quasi privat dort. Und deshalb sind meine Erlebnisse für mich so authentisch.“
Zu den offiziell arrangierten Zusammentreffen gehörte auch die Hospitanz in einem Kindergarten – ein ganz wunderbares Erlebnis für die ganze Gruppe. Man braucht sich auch nur die Fotos ansehen, um die beiderseitige Freude an dieser Begegnung zu erfassen.
Und so erzählt sie gerne von den echten Begegnungen: „Natürlich war am Anfang auch in der Schule die Höflichkeit eher förmlich. Aber als wir nach 14 Tagen abgereist sind, konnten wir alle spüren, dass uns echte Herzlichkeit entgegenschlug. Wir sind als Gäste in die Schule gekommen und als Freunde geschieden. In diesem Zusammenhang möchte ich mit noch einmal bei Herrn Li und Herrn Yuan bedanken – auch wenn sie das nie lesen werden.“ Der Dolmetscher und der Ansprechpartner in der Schule sind Regina Weber-Toepel ans Herz gewachsen.
 

Ein großes Erlebnis

Zu den ganz großen Momenten der Reise gehörten die freien Tage, die die Gruppe etwa zur Chinesischen Mauer oder nach Peking führte.
„Es war unbeschreiblich schön und bereichernd. Die Chinesen sind Menschen, die sehr stolz auf ihr kulturelles Erbe sind. Wir waren in vielen Stätten des immateriellen Kulturerbes und oft von der Schönheit und Kunstfertigkeit überwältigt.“

Ob sie Menschen getroffen hat, zu denen sie Kontakt halten wird, frage ich.
„Unbedingt“, sagt Regina Weber-Toepel und nickt entschieden. „Inzwischen war ja bereits eine Delegation aus China bei uns.“
Der langfristige Austausch ist also schon in Bewegung geraten: „In China kennt man einige Elemente unseres Unterrichts nicht. Dort ist noch das meiste Frontalunterricht. Wie Gruppenarbeit in den Schulklassen, interaktive Elemente oder auch das duale Ausbildungssystem funktionieren, das interessiert die Lehrer dort sehr.“

 

Noch so viel zu erzählen

Für mich als stauende Zuhörerin war das Gespräch mit Regina Weber-Toepel ein wenig so, als wäre ich auf dieser ungewöhnlichen Reise mit dabei gewesen.
Und das Faszinierendste: Regina Weber-Toepel hat noch so viel zu erzählen, dass es den Rahmen dieser Stadtgeschichte einfach sprengen würde!
So sei zum Schluss nur ihr Fazit festgehalten: „Ich habe mich auf der ganzen Reise wohlgefühlt. Wir wurden überall – sei es offiziell oder privat – so freundlich aufgenommen. Wir waren sogar im Lokalfernsehen – ein ganz unvergesslicher Moment.“

 

Text: Verena Wolf (Miesbacher Verlagshaus)
Fotos: Regina Weber-Toepel

Impressionen

Theaterstück, © Regina Weber-Toepel
Theaterstück

© Regina Weber-Toepel

Chinesische Mauer, © Regina Weber-Toepel
Chinesische Mauer

© Regina Weber-Toepel

In der Berufsschule in Qingzhou , © Regina Weber-Toepel
In der Berufsschule in Qingzhou

© Regina Weber-Toepel

An der Cuoqin (gestrichene Rundzither), © Regina Weber-Toepel
An der Cuoqin (gestrichene Rundzither)

© Regina Weber-Toepel

Im Kindergarten, © Regina Weber-Toepel
Im Kindergarten

© Regina Weber-Toepel

Skyline Shanghai, © Regina Weber-Toepel
Skyline Shanghai

© Regina Weber-Toepel