Nächstenliebe, Empathie und die Bereitschaft, der Gesellschaft etwas zurück zu geben – auf diesen Grundpfeilern steht das Fundament eines Vereins, der in diesem Jahr sein 15-jähriges Jubiläum feiert. Die Ehrenamtlichen der Nachbarschaftshilfe Miesbach sind für viele Bewohner der Stadt aber so viel mehr als nur helfende Hände und das macht den Verein so besonders.
Als Gabriele Hofbauer im Jahr 2004 in der Bürgersprechstunde vor der damaligen Rathauschefin Ingrid Pongratz saß, hätte sie nie gedacht, dass aus ihrem Besuch etwas so Wertvolles entstehen könnte. Die gelernte Krankenpflegerin hatte in ihrer Arbeit im Krankenhaus Miesbach und dann in Agatharied viele Menschen erlebt, deren Bedarf an niedrigschwelliger Hilfe so groß war. Vor allem ältere Personen, deren Kinder weggezogen und die bei alltäglichen Erledigungen auf Hilfe angewiesen waren, die sie so nicht einfach bekommen konnten. „Ich habe mich gefragt, ob man da nicht etwas machen kann“, erinnert sich Hofbauer. Die Bürgermeisterin verwies sie damals an das Miesbacher Frauenforum, wo die Krankenpflegerin mit ihrer Idee auf offene Ohren stieß. Zwei Jahre später - am Mittwoch, 8. November 2006, um genau 19 Uhr - war es dann soweit: der Nachbarschaftshilfeverein Miesbach wurde gegründet. „Das war schon ein besonderer Moment, den ich nie vergessen werde. Es war sehr feierlich, im Sitzungssaal im Rathaus, mit allen Stadträten und Zuschauern – da werde ich immer noch emotional“, sagt Hofbauer gerührt.
Eine ganz besondere Mission
Es sollte der Startschuss für eine ganz besondere Mission sein. „Ein guter Nachbar ist besser, als ein Bruder in der Fremde“, heißt der Leitsatz des Vereins. Dies spiegelt nicht nur die Beweggründe der Ehrenamtlichen wider, sondern weist vor allem auch auf ein immer noch stark vorherrschendes gesellschaftliches Problem hin. Denn die familiären Strukturen, wie sie einst vor allem in ländlichen Gebieten zu finden waren, gehören schon seit vielen Jahrzehnten der Vergangenheit an. Von der Uroma bis zum Urenkel alle unter einem Dach? „Das gibt es wirklich nur noch in ganz seltenen Fällen“, weiß Helene Weigl. Die Miesbacherin ist Gründungsmitglied des Vereins und hat in all den Jahren unzählbare Stunden ehrenamtliche Hilfe geleistet. Die beiden Frauen wissen um die Probleme, auf welche vor allem die älteren Mitbürger ständig stoßen, sobald das Familien-Netzwerk nicht mehr vorhanden ist. „Es sind vor allem Einkäufe die wir erledigen oder Arztfahrten“, erzählt Hofbauer. Aber nur allzu oft ist es eben etwas viel Banaleres und doch so Wichtiges, weiß Weigl. „Die Anteilnahme an ihrer Situation oder nur die Möglichkeit zur Aussprache ist den meisten Menschen so wichtig“, sagt die 80-Jährige.
Herausforderungen der Zukunft
Man glaubt es eigentlich kaum, wenn man das so hört. Lediglich ein Telefonat, ein Spaziergang oder ein Treffen zum Mensch-ärgere-dich-nicht spielen würde so vielen älteren Menschen manchmal schon ausreichen. Doch nicht nur sie, sondern auch sozial Schwache, Alleinerziehende, Flüchtlinge und Asylbewerber können auf die Hilfe des Vereins zählen. „Eigentlich jeder, der eben sonst niemanden hat, den er fragen könnte“, erklärt Hofbauer. Vom Handykauf für Senioren, der Ausbildungsbegleitung von Migranten, der Ferienbetreuung für Kinder bis hin zur Weitervermittlung zu anderen Fachstellen – es gibt eigentlich fast nichts, was die Ehrenamtlichen in den vergangenen 15 Jahren nicht schon gemacht hätten. „Außer Pflege- und Putzdienste“, sagt Hofbauer. Doch letzteres wird sich wohl zukünftig auch ändern müssen, denn immer mehr ältere Mitbürger fragen beim Verein um hauswirtschaftliche Dienste an. „Das ist die nächste Herausforderung, der wir uns stellen werden müssen“, weiß die 64-Jährige. Einen solchen Dienst professionell aufzustellen und dabei die Bürokratie so gering wie möglich zu halten, das sei die Schwierigkeit dabei, sagt die 64-Jährige. „Denn wir bieten unsere Dienste bisher kostenlos an, die Helfer bekommen lediglich etwas Benzingeld und eine kleine Anerkennung am Ende des Jahres von uns. Die Hilfeempfänger müssen nichts zahlen“, erklärt die Krankenpflegerin.
Nachwuchs mit Reife und Weitsicht
Möglich ist dies durch die Mitgliedsbeiträge, Spenden und vor allem die Bereitschaft aller Ehrenamtlichen, die so oft über das normale Maß an Hilfe hinaus geht. Die meisten der Helfer sind selbst zwischen 45 und 85 Jahren alt, geeigneten „Nachwuchs“ zu finden, sei laut Hofbauer nicht ganz einfach. „Man braucht da auch eine gewisse Reife und Weitsicht und vor allem die Ressourcen dazu“, sagt sie. Manche Dienste werden nicht mehr so häufig benötigt wie noch vor 15 Jahren – vor allem die Betreuung von kleinen Kindern sei laut Weigl zurück gegangen. „Aber das ist ja auch gut so, denn dann ist ja was im System passiert“, freut sich die 80-Jährige. Andererseits könnten zukünftig wieder Dienste wie etwa Deutschkurse oder Hilfen bei Anträgen benötigt werden, im Hinblick auf die Geflüchteten aus der Ukraine.
Liebenswerter, schöner und sozialer
Ein großes Netzwerk zu vielen verschiedenen Stellen, ein Helferkreis von etwa 40 Personen und vor allem eine beständige Vorstandschaft – das sind die Erfolgsgaranten des Nachbarschaftshilfevereins Miesbach. Gabriele Hofbauer (2. Vorsitzende) und Helene Weigl (Schriftführerin) sind seit dem ersten Tag, Teil des Vorstands. Seit 2018 ist Isolde Besel erste Vorsitzende des Vereins „Die Nachbarschaftshilfe macht das Leben in Miesbach liebenswerter, schöner und sozialer“, sagt die 54-Jährige. Für die Stadt bedeute dessen Arbeit eine unbürokratische, unentgeltliche und freiwillige Unterstützung von Bürgern, die kurzfristig oder auch länger Hilfe benötigen. Das soll auch in Zukunft so bleiben. Dafür finden im April Neuwahlen im Verein statt, die nächste Generation steht laut Hofbauer in den Startlöchern. Aber es werden immer wieder freiwillige Helfer gesucht, die mit Nächstenliebe und Empathie ihren Mitbürgern schöne Momente bescheren möchten – denn darauf basiert die Arbeit der Miesbacher Nachbarschaftshilfe - und das seit 15 Jahren.
Nachbarschaftshilfe Miesbach e.V.
Kontakt für Interessierte und Hilfesuchende: Mobil 0151/42223874